Tag 16: Von Phakding nach Lukla
Sonntag, 11. Mai 2025Wir brachen auf unter grauem Himmel, wolkenverhangen, aber ohne Regen. Die Nacht hatte das Tal feucht hinterlassen, und der Morgen roch nach Schwüle, nach Erde und Stein. Schon nach wenigen Kilometern glitt die Jacke von den Schultern, T-Shirt-Wetter, fast milde – ein letzter Gruß des Himalaya, bevor er uns ziehen ließ.


Der Weg schwankte noch einmal zwischen Sonnenschein und Schatten, zwischen Auf und Ab, vorbei an Dörfern, Eseln, Yaks – den ewigen Pendlern dieser Höhen.

An einer Brücke schafften wir es gerade hinüber, bevor eine Karawane von Eseln, wie an einer unsichtbaren Schnur aufgereiht, die Planken in Schwingung versetzte.

Der letzte Lunch auf dem Weg war auch ein letztes Erinnern an die Regeln dieses Landes.

Der Guide, stets als Vermittler zwischen Gast und Berg; der Porter, nie an unserem Tisch; die Hierarchie, hart wie Granit und so selbstverständlich wie die Pfade selbst. Erst wenn die Touristen gegessen hatten, durften die, die sie trugen und führten, sich setzen.

Ein Kuckuck begleitete uns mit seinem Ruf, hartnäckig und fremd vertraut zugleich. Ich wusste nicht, dass er hier zuhause war. Es war, als hätte er die Aufgabe übernommen, den Takt des Abschieds zu schlagen.

Und dann Lukla. Zimmer im Khumbu Resort Hotel, Blick auf die Landebahn, die wie ein schmaler, gezähmter Grat am Berghang klebt. Doch der Himmel hielt den Flugverkehr an, seit zwei Stunden kein Start, keine Landung. Ich war gespannt, ob ich morgen fortkommen würde –

und zugleich durchströmte mich eine stille Freude: Ich hatte nicht nur die letzte Etappe, sondern diese ganze Runde geschafft, nicht wie geplant, aber doch im Gehen, im Bleiben, im Weiterkommen.

Es war Zeit, die Wege zu zählen – nicht im Voraus, sondern im Rückblick, wenn der Staub sich gelegt hat. 116 Kilometer lagen hinter mir, 6.100 Höhenmeter hinauf und wieder hinab. Sieben Tage über viertausend Metern, und dort allein fünfzig Kilometer auf jener dünnen, wachen Höhe.

Und es gab eine zweite Statistik: die der Abende, an denen die Würfel mit Dinesh über den Tisch rollten, Nacht für Nacht, fast wie ein Ritual. Für das Jahr 2024 – ach was, für die ganze Dekade – habe ich genug gewürfelt.

An diesem Abend gönnte ich mir mein erstes Bier – ein kleiner Triumph, golden und schäumend.

Und die Nacht belohnte mich mit festem Schlaf, selbst ein Erdbeben vermochte mich nicht wach zu rütteln. Der Berg hatte seine letzte Prüfung abgelegt, und diesmal ließ er mich ruhen.