Tag 15: Von Namche Bazar nach Phakding

Samstag, 10. Mai 2025

Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit weckte mich der Wecker um sieben Uhr – und nicht die Höhe, nicht der Husten, nicht das unruhige Herz. Ich hatte gut geschlafen, ein seltener Luxus in diesen Tagen. Das Frühstück schmeckte, fast selbstverständlich, und schon bald danach setzten wir die Füße wieder auf den Weg, der nun nicht mehr Prüfstein, sondern Begleiter war.

Es ging auf und ab, in kleinen Wellen, als wollte der Berg noch einmal seine Silhouette zeigen, ohne Widerstand zu leisten.

Die Esel waren unsere ständigen Weggefährten – Lastenträger der Berge, mit klappernden Hufen und Augen, die alles zu kennen schienen.

Dinesh lächelte und sagte: „They are used to carry heavy weights. If they carry nothing, they become crazy and you better step aside“. Und in diesem Satz lag etwas von der Wahrheit dieser Landschaft: dass Last hier nicht nur Bürde, sondern auch Halt ist.

Immer wieder offenbart sich, wie hart das Leben hier oben ist. Es liegt nicht nur in der dünnen Luft, sondern in den Schultern der Träger, die Baumaterial, Reis und Salz über endlose Serpentinen hieven, als wären sie selbst Teil des Weges geworden.

Es zeigt sich in den kleinen Baustellen, die kaum mehr sind als ein paar Steine, ein Haufen Sand, eine Schaufel – und doch ein Versprechen von Bleiben in einer Landschaft, die alles fortträgt, was nicht standhält.

Wir passierten die Hillary Bridge, diesmal abwärts, der Bungee-Sprungbetrieb weiterhin geschlossen – vielleicht auch gut so.

Die großen Zeichen der Religion standen wie Wachen am Weg, doch der Schritt war schon ein anderer: weniger ehrfürchtig, mehr rückwärtsgewandt.

In Monjo verließen wir den Sagarmatha-Nationalpark. Dort, wo der Reis auf dem Teller noch einmal zum kleinen Berg geformt wurde, legten wir die Lunchpause ein, ein kleines, unspektakuläres Fest der Rückkehr.

Danach führte der Weg weiter, steinig, manchmal steil, doch nie mehr bedrohlich, und am Nachmittag erreichten wir Phakding.

Eine halbe Stunde später setzte der Regen ein, als hätte der Himmel gewartet, bis wir unter Dach waren.

Der Weg war noch nicht zu Ende, doch er begann sich zu senken, so wie die Gedanken: weg von der Höhe, hin zu etwas, das wieder Alltag heißen könnte.

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