Tag 14: Von Dhole nach Namche Bazar
Freitag, 9. Mai 2025Der Morgen brach an, ein wenig sanfter als die Nächte zuvor, denn der Schlaf hatte diesmal ein paar Stunden mehr gewährt – nicht viel, doch genug, um die Laune aufzuhellen.
Die Sonne, noch jung am Himmel, legte goldene Streifen auf den staubigen Pfad, als wir aufbrachen, und gleich zu Beginn offenbarte sich jener Berg, der von den Sherpas den Namen eines Pferdes trägt: Tengi Ragi Tau, der Pferdehals-Berg.
Sein schmaler Grat wie ein gespannter Nacken, sein Haupt in den Himmel gereckt – 6.938 Meter stille Majestät. Ich sah ihn und dachte: Wie viele Wanderer hat er wohl schon gesehen, die mit schweren Schritten und flüchtigen Träumen hier vorüberzogen?
Eine Stunde später senkte sich der Weg in die Wälder der Rhododendren, die hier in einer Größe wuchsen, wie ich sie nie zuvor gesehen hatte – als hätten die Pflanzen selbst beschlossen, in diesen Höhen ihr eigenes Maß zu sprengen.
Zwei Dinge begleiteten uns an diesem Tag unablässig: die Brücken in all ihren Gestalten – schwankend, stabil, aus Holz, aus Stahl – und die Treppen, die wie stillschweigende Lehrer den Rhythmus des Auf und Ab bestimmten. Jede Stufe ein Schritt zwischen gestern und morgen, jede Brücke ein Übergang aus Müdigkeit in Erwartung.
In Phortse Thanga legten wir die erste Rast ein: eine Cola, süß und kalt, ein kleiner Triumph im Wind, der hier unangenehm und scharf durch das Tal fuhr.
Dann weiter, auf der rechten Talseite, über Brücken, zusammen mit nepalesischen Trägern durch die dünne Luft, immer begleitet von dem Flüstern des Höhenwinds, der uns mahnte, nicht unachtsam zu sein, wo das Geländer fehlte.
Gegen halb vier erreichten wir Namche Bazar – nach gut zwölf Kilometern die längste Etappe bisher.
Die Einsamkeit der Berge wich langsam dem geschäftigen Leben: aus Lodges wurden Hotels, aus Flüstern wurde Stimmengewirr. Und irgendwo dort, im Schatten der zurückgelegten Pfade, begann sich die Stille des Hochgebirges aufzulösen, wie Schnee unter tieferer Sonne.