Tag 13: Von Dragnak nach Dhole

Donnerstag, 8. Mai 2025

Die Nacht war kurz, vielleicht die kürzeste der Reise. Zwei Stunden Schlaf – dann ein Zustand zwischen Wachen und Dämmern, dazwischen Hustenstöße, flache Atemzüge, flackernde Gedanken. Es war, als läge man unter einem unsichtbaren Gewicht, schwerer als jede Decke, schwerer noch als der Berg selbst. Mit dem ersten Grau des Morgens trat die Erschöpfung unverhüllt zutage.

Lange berieten wir, Dinesh, Dipak und ich, das Telefon wurde zum Orakel der Möglichkeiten: Helikopter? Weiter? Umkehren? Doch die Berge, streng und unbewegt, schienen die Antwort bereits zu kennen. Vor uns der Cho La – ein Tor, das ich nicht mehr zu durchschreiten vermochte. Hinter uns der Renjo La – bereits überschritten, und damit versiegelt. Blieb nur das Tal, das sich wie ein Ausweg nach Macchermo und weiter nach Dole hinabwand. Der Wirt, pragmatisch, bot ein Pferd. Ich lehnte ab. Meine Füße, so müde sie waren, sollten die Sprache des Weges selbst noch einmal sprechen.

Wir stiegen langsam hinab, begleitet von Bachläufen und Heidekraut, der Atem schwer, doch etwas freier mit jedem Meter, den wir der Höhe entreißen.

Der Weg war nicht immer klar, manchmal ein Suchen zwischen Steinen und Sträuchern, doch das Licht des Vormittags löste die Schatten des Zweifels. Der Lunch brachte Kraft, ein kurzes Schlafen brachte Frieden.

Am Nachmittag tauchten wieder Dörfer auf, die aussahen, als hätten sie seit Jahrhunderten hier gehockt und die Wanderer gezählt, die kamen und gingen.

Ein Hotshower unter freiem Himmel, dampfend in der Kälte – und das erste Mal seit Tagen fühlte sich die Haut wieder wie die eigene an. Fünfhundert Meter lagen nun hinter uns, in der Tiefe.

Es war heute eine doch überraschend lange Strecke geworden, mit ihren 11km, aber in leichter Gangart trotz fehlenden Kräften gut zu bewältigen.

Die Symptome der Höhe lösten sich sachte, wie der Nebel über den Gipfeln. Nur der Husten – er blieb, ein hartnäckiger Begleiter, vielleicht Erinnerung, vielleicht Mahnung.

Noch immer waren wir auf über viertausend Metern – und doch begann, was so lange bergauf gezerrt hatte, endlich bergab zu fließen: die Kraft, das Herz, der Blick.

 

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