Tag 12: Von Dragnak zum Cho La Pass
Mittwoch, 7. Mai 2025Der Morgen begann im Zeichen des frühen Aufbruchs: Frühstück um 5:30 Uhr, der Wecker wie gewohnt um 5:10 gestellt. Doch die Zeit floss zäher als geplant, und der Appetit schien den Ruf der Höhe nicht zu hören. Erst die vertrauten Apple Pancakes gaben dem Magen die nötige Milde, um den Tag beginnen zu lassen.


Wir starteten pünktlich – und der Himmel, als wolle er uns belohnen, schenkte uns einen jener seltenen Tage von reinstem Sonnenschein. Der Weg führte von der Lodge weg, hinein in steinige Felder, Geröll und schmale Pfade, die sich in endlosen Windungen bergauf zogen, etwa dreieinhalb Kilometer lang.

Die Luft war klar, der Geist zuversichtlich – doch die Körner des Körpers schmolzen rascher dahin, als die Sonne stieg.

Hinter der letzten Kuppe überschritten wir die magische Marke von 5.000 Metern, eine Schwelle, die mehr im Kopf hallt als in den Beinen. Auf der Hochebene davor hielten wir inne.

Dort lag er, der letzte Anstieg: zweihundert steile Höhenmeter, ein Band aus Eis und Schnee, mit Seilen gesichert, Spikes an den Schuhen – nicht unbezwingbar, aber fordernd, und jenseits davon wieder weitere Höhenmeter, noch kälter, noch dünner.

Die Kräfte schwanden, der Körper war längst im Rückzug begriffen, und ein hartnäckiger Husten nagte wie eine kleine, unerbittliche Uhr im Brustkorb. Es war jener Moment, an dem der Berg seine Frage stellt – nicht, ob man ihn bezwingen könne, sondern ob man noch wisse, wann es Zeit ist, umzukehren.

Wir entschieden uns gegen den Pass und für die Rückkehr nach Dragnak. Am nächsten Tag, so sagten wir uns, würden wir neu bedenken, wie der Weg weitergehen solle. Mit dieser Entscheidung löste sich auch ein Traum: das Everest Base Camp rückte in weite Ferne, und in mir formte sich ein stiller Satz, kaum hörbar und doch endgültig: The dream is gone.

Doch der Berg, unbeteiligt und erhaben, verabschiedete uns mit jenen grandiosen Blicken, die er nicht weniger verschenkt, wenn man nicht auf seine Krone steigt. Und während wir den Abstieg antraten, wurde klar: selbst der Rückweg würde noch vier, vielleicht fünf Tagesmärsche fordern – denn auch Umkehr hat ihr Maß an Würde und Gewicht.