Nepal: Abenteuer auf dem Drei Pässe Trek

Nepal im April-Mai 2025

Nepal – jenes sagenumwobene Land, das in der Vorstellung des abendländischen Geistes stets wie ein ferner Traum leuchtete, verklärt vom Mythos des Himalaya und vom Ruf des spirituell Erhabenen –, war auserkoren als Ziel dieser Reise, die, wie es sich bald zeigen sollte, in ihren Dimensionen weit über das Gewöhnliche hinausgehen würde. Der sogenannte Drei-Pässe-Trek – so schlicht benannt und doch in seinem Anspruch fast übermenschlich –, war nicht weniger als die selbstgewählte Prüfung, der ultimative Entwurf eines Abenteuers, in dem sich körperliche Entbehrung, landschaftliche Erhabenheit und seelische Läuterung in seltsamer Harmonie begegnen sollten.

Drei Wochen lang, Tag für Tag, Schritt um Schritt, galt es, sich dieser Herausforderung zu stellen, deren Beginn, wie so vieles im Leben, mit einer Phase der Vorbereitung einherging – minutiös, zweifelnd, erwartungsvoll –, und sodann mit der Reise zu einem Ort, der unter Fliegern längst zum geflügelten Wort geworden ist: dem berüchtigten Flughafen von Lukla, wo die Landung selbst ein erstes Abenteuer darstellt, ein Test des Vertrauens in Technik, Pilotenkunst und das Schicksal.

Von dort – begleitet vom Pulk der Pilger und Wanderer, die allesamt ein ähnliches Ziel, wenn auch nicht denselben Weg vor Augen hatten – führte der erste Abschnitt bis Namche Bazar, jenem farbenfrohen Umschlagplatz zwischen Zivilisation und Bergwildnis. Doch sodann, gleichsam hinter einem unsichtbaren Vorhang, begann eine andere Welt – stiller, karger, ehrlicher: die Einsamkeit des Drei-Pässe-Treks, der abseits des Mainstreams verläuft, und in seiner Abgeschiedenheit eine andere Art von Wahrheit offenbart.

Was sich in jenen Tagen zutrug – welche Höhen erklommen, welche Schatten durchschritten, welche kleinen Wunder gesehen wurden –, all das sei hier berichtet, aufgezeichnet mit dem Wunsch, denen eine Hand zu reichen, die selbst den Mut fassen, diesen Weg zu beschreiten. Möge ihnen diese Lektüre Vorbereitung und Begleiterin zugleich sein.

Nepal: Vorbereitung und Anreise

Nepal: Vorbereitung und Anreise

Es war das zweite Mal, dass der magnetische Ruf jenes fernen, sagenumwobenen Landes, das die Welt unter dem Namen Nepal kennt, mich ereilte. Bereits im Jahre 2018 hatte ich, in nicht mehr ganz jugendlicher Neugier, eine erste, kleinere Runde mit Blick auf das...

Tag 1: Von Kathmandu nach Ramechap

Tag 1: Von Kathmandu nach Ramechap

Nachdem ich mich, von administrativer Notwendigkeit begleitet, mit Visumsangelegenheiten herumschlagen musste – ein Unterfangen, das den Abenteurer in mir schon zu Beginn mit der Bürokratie fremden Bodens konfrontierte – stand sogleich der nächste Stolperstein bereit:...

Tag 2: Flug nach Lukla, Walk nach Phakding

Tag 2: Flug nach Lukla, Walk nach Phakding

Es war in der frühen, noch trägen Dunkelheit eines Morgens, als wir, in Begleitung unseres Führers Dinesh – jenes schlanken, zurückhaltenden Mannes, der uns in den kommenden Tagen mit stillem Wissen und unaufgeregter Fürsorge begleiten sollte – um fünf Uhr den Weg zum...

Tag 3: Von Phakding nach Namche Bazar

Tag 3: Von Phakding nach Namche Bazar

Am Morgen, noch etwas gezeichnet von den unruhigen Stunden der Nacht, die der Körper in fremder Höhe nicht ohne Protest hinnimmt, fanden wir uns im bescheidenen Frühstücksraum ein, um bei einer dampfenden Tasse Ingwertee die Schwere des Schlafmangels zu mildern. Denn...

Tag 4: Namche – Khumjung – Kunde

Tag 4: Namche – Khumjung – Kunde

Der Morgen, so schien es, war nicht eben freundlich zu mir; eine schlechte Nacht, unruhig, mit den unablässigen, kaum greifbaren Träumen, hatte mich in einen Zustand versetzt, der die Kräfte dämpfte und den Mut auf eine leise, aber stetige Weise anfraß. Vom...

Tag 5: Namche Bazar – Thame

Tag 5: Namche Bazar – Thame

Der Morgen begann mit der Gelassenheit, die sich nach den ersten Tagen der Eingewöhnung einstellt, und doch lag ein gewisser Ernst in der Luft, als wir uns auf den Weg nach Thame machten.Wie immer waren es die Treppen, die uns in Bewegung setzten, jene steinernen...

Tag 6: Thame Monastery

Tag 6: Thame Monastery

Der Blick aus dem Fenster offenbarte an diesem Morgen eine Welt in gedämpften Grautönen; dichter Nebel hing schwer über den Hängen, und der Blick nach innen, in das eigene Befinden, zeigte, dass die Höhe langsam, doch unaufhaltsam, ihre unsichtbaren Finger nach uns...

Tag 7: Von Thame nach Lungden

Tag 7: Von Thame nach Lungden

Der Tag, er hob an mit unerfreulichen Botschaften, und sie kamen nicht zaghaft, sondern mit der Wucht jener Berge, in denen wir uns befanden: die Höhenkrankheit hatte Tobi nun gänzlich in ihre unerbittlichen Hände genommen. Es war nicht länger ein leichtes Unwohlsein,...

Tag 8: Lungden Walk

Tag 8: Lungden Walk

Der Morgen brach an nach einer Nacht, die den Schlaf nur unwillig gewährt hatte – unruhig, zerrissen und von flachen Träumen durchzogen. Und doch: als ich die Augen öffnete, empfing mich der ungetrübte Sonnenschein wie eine milde Verheißung. Das Frühstück –...

Tag 9: Lungden – Reno La Pass – Tokyo

Tag 9: Lungden – Reno La Pass – Tokyo

Der Wecker riss mich um 5:10 Uhr aus einem Schlaf, den ich kaum erwartet hatte. Ich musste doch eingeschlafen sein – ein kleines Wunder in dieser dünnen Luft, wo die Nächte oft mehr aus Warten als aus Ruhen bestehen. Gewöhnlich war ich zu dieser Stunde längst wach,...

Tag 10: Gokyo Walk

Tag 10: Gokyo Walk

Die Nacht nach jenem großen Tag, an dem wir den Pass bezwangen, hätte der Ruhe gehören sollen. Und doch – sie wich mir aus, entglitt, als sei auch der Schlaf ein dünner, unsicherer Hauch in dieser Höhe. Es war eine seltsame Unrast, die mich begleitete, ein Flirren in...

Tag 11: Von Gokyo nach Dragnak

Tag 11: Von Gokyo nach Dragnak

Der Morgen begann ungewohnt spät. Erst gegen acht Uhr fanden wir uns zum Frühstück ein, und zum ersten Mal seit Tagen schien der Magen nicht im Aufruhr, sondern beinahe geneigt, Frieden zu schließen. Apple Pancakes mit Honig – eine kleine Geste der Süße in dieser...

Tag 12: Von Dragnak zum Cho La Pass

Tag 12: Von Dragnak zum Cho La Pass

Der Morgen begann im Zeichen des frühen Aufbruchs: Frühstück um 5:30 Uhr, der Wecker wie gewohnt um 5:10 gestellt. Doch die Zeit floss zäher als geplant, und der Appetit schien den Ruf der Höhe nicht zu hören. Erst die vertrauten Apple Pancakes gaben dem Magen die...

Tag 13: Von Dragnak nach Dhole

Tag 13: Von Dragnak nach Dhole

Die Nacht war kurz, vielleicht die kürzeste der Reise. Zwei Stunden Schlaf – dann ein Zustand zwischen Wachen und Dämmern, dazwischen Hustenstöße, flache Atemzüge, flackernde Gedanken. Es war, als läge man unter einem unsichtbaren Gewicht, schwerer als jede Decke,...

Tag 14: Von Dhole nach Namche Bazar

Tag 14: Von Dhole nach Namche Bazar

Der Morgen brach an, ein wenig sanfter als die Nächte zuvor, denn der Schlaf hatte diesmal ein paar Stunden mehr gewährt – nicht viel, doch genug, um die Laune aufzuhellen.Die Sonne, noch jung am Himmel, legte goldene Streifen auf den staubigen Pfad, als wir...

Tag 15: Von Namche Bazar nach Phakding

Tag 15: Von Namche Bazar nach Phakding

Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit weckte mich der Wecker um sieben Uhr – und nicht die Höhe, nicht der Husten, nicht das unruhige Herz. Ich hatte gut geschlafen, ein seltener Luxus in diesen Tagen. Das Frühstück schmeckte, fast selbstverständlich, und schon bald...

Tag 16: Von Phakding nach Lukla

Tag 16: Von Phakding nach Lukla

Wir brachen auf unter grauem Himmel, wolkenverhangen, aber ohne Regen. Die Nacht hatte das Tal feucht hinterlassen, und der Morgen roch nach Schwüle, nach Erde und Stein. Schon nach wenigen Kilometern glitt die Jacke von den Schultern, T-Shirt-Wetter, fast milde – ein...

Tag 17: Von Lukla nach Kathmandu

Tag 17: Von Lukla nach Kathmandu

Der Montagmorgen begann, wie der Sonntagabend endete: mit Wolken, Nebel, Stillstand. Kein Motorenlärm, keine Start- und Landgeräusche – nur das matte Weiß, das sich wie Watte um Lukla legte. Es wurde früh klar: dies würde ein Tag des Verweilens werden. Lesen, essen,...

Am Ende aller Pfade, dort, wo das dünne Licht der Gipfel sich wieder in die Fülle des Tales senkt, blieb ein Schweigen. Nicht das Schweigen der Enttäuschung – sondern jenes stille, tiefe Innehalten, das den Unterschied kennt zwischen Erreichen und Erkennen.

Die Berge hatten mich hinaufgerufen, in ihre klare, schonungslose Höhe, wo jeder Atemzug ein Wagnis, jeder Schritt ein Handel ist: Kraft gegen Ausblick, Atem gegen Augenblick. Ich hatte mich hinaufgetragen, Stück für Stück, mit Apfelpfannkuchen und Tee, mit Würfeln und Karten, mit Hoffnungen und Husten.

Ich habe Pässe gesehen, die ich überschritt und Pässe, die ich nicht überschritt, Wege gekreuzt, die zu Träumen führten, die sich nicht einlösen ließen. Manche Gipfel blieben mir verborgen – und wurden gerade dadurch zu Leuchttürmen des Erinnerns.

Die Höhe schenkt Erkenntnis. Sie öffnet den Blick, aber sie fordert auch Tribut. Dort oben ist der Mensch nackt: jeder Atem zählt, jeder Gedanke ist schärfer, weil er weniger Luft hat, sich zu zerstreuen. In dieser Klarheit liegt der Zauber – und die Gefahr.

Der Abstieg lehrt Demut. Er ist kein Rückweg, er ist Heimkehr: zu Wärme, zu Wasser, zu Geräuschen des Lebens. Er ist das leise Nicken der Erde, die dich wieder trägt, wenn der Berg dich ausgespuckt hat. Wer hinabsteigt, trägt die Höhe in sich – nicht als Sieg, sondern als Spur.

 116 Kilometer, 6.100 Höhenmeter, sieben Tage über 4.000 Meter. Zahlen sind Spuren im Staub, sie sagen wenig von dem, was im Inneren verschoben wurde. Denn die wahren Höhenmeter steigen nicht in den Beinen, sondern in der Haltung, die zurückbleibt.

Es wird keinen zweiten Versuch geben. Nicht, weil der Weg nicht wieder beschreitbar wäre – sondern weil kein Schritt je derselbe ist. Der Traum vom Everest Base Camp ist verweht, aber er hat sein Ziel längst verwandelt: Nicht das Erreichen, sondern das Erinnern an diesen außergewöhnlichen Treck trägt weiter.

Und so kehre ich zurück – nicht als der, der losging, sondern als der, der gelernt hat, dass die Berge keine Versprechen einlösen, sondern Spuren hinterlassen. Manchmal sind es tiefe Narben. Manchmal stille Sterne. 

Die Berge ließen mich umkehren – und doch nahmen sie mich mit.

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